Geschichte der Stiftung

Der 19. August 2010 ist das offizielle Gründungsdatum der Martha-Muchow-Stiftung. An diesem Donnerstag wurde die Stiftung rechtsfähig. Als Stiftungszweck wurde die „Förderung von Wissenschaft und Forschung“ angegeben. Gegründet wurde die Stiftung von der Stifterin, Prof. Dr. Gertrud Beck-Schlegel, nach dem Tode ihres Ehemannes, Johannes M. Schlegel, im Sinne des gemeinsamen Testamentes.

Der Stiftungsvorstand bestand aus drei Personen: der Gründerin Gertrud Beck-Schlegel als Vorstandsvorsitzende und Heike Deckert-Peaceman und Gerold Scholz als Mitglieder des Vorstandes. Laut Satzung gab es einen fünfköpfigen Beirat: Imbke Behnken, Günter Mey, Jutta Wiesemann, Peter Gansen und Ursula Stenger.

2015 gab Peter Gansen seine Mitgliedschaft auf. Seitdem gehört Marcus Rauterberg zu dem Beirat. 2022 verließ Imbke Behnken den Beirat der Stiftung. Im Jahr darauf wurde Jessica Schwittek als neues Beiratsmitglied begrüßt. Die Gründerin der Stiftung, Gertrud Beck-Schlegel, trat 2020 auf eigenen Wunsch als Vorstandsvorsitzende zurück, um generationenübergreifend die Arbeit der Stiftung zu sichern. Charlotte Röhner wurde ihre Nachfolgerin als Vorsitzende des Vorstandes der Stiftung.

Seit 2015 gibt es einen Kooperationsvertrag zwischen der Stiftung und dem Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt a.M.

Zwischen 2010 und 2024 förderte die Martha-Muchow-Stiftung eine Reihe unterschiedlicher Vorhaben. Sie lassen sich grob unterscheiden in die Finanzierung von Stipendien, Tagungen, Zuschüssen zu Druckkosten, den Studienpreis Kindheitsforschung und die finanzielle Förderung unterschiedlicher Aktivitäten.

Vollständig oder teilweise wurden die Druckkosten für neun Dissertationen übernommen.  Einen Zuschuss erhielten Studierende des Studienganges Frühkindliche Bildung für eine Forschungsreise nach Istanbul. Mitfinanziert wurden drei Tagungen: „Children in Crisis III. Family Reunification after the Holocaust, War and Genocide“; „Umgangsweisen mit Natur(en) in der Frühen Bildung; „Umgangsweisen mit Natur(en) III. Über Naturwissenschaft und Naturkunde“.

Es wurden sechs Stipendien mit unterschiedlich langen Laufzeiten vergeben. Zwei Dissertationen wurden mit Unterstützung der Martha-Muchow-Stiftung publiziert:

Katharina Schneider (2017): Ästhetische Erfahrung in Spielpraktiken von Kindergartenkindern. Eine ethnografische Studie im Elementarbereich. Weinheim und Basel: Beltz/Juventa.

Hanna Röttele (2020): Objektbegegnungen“ im historischen Museum. Eine empirische Studie zum Wahrnehmungs- und Rezeptionsverhalten von Schüler_innen. München: kopaed Verlag.

Am 25. September 2012 jährte sich der Geburtstag von Martha Muchow zum 120. Mal. Die Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg nahm diesen Tag zum Anlass, um in der nach Martha Muchow benannten Fakultätsbibliothek eine Ausstellung über ihr Leben, Werk und Wirken zu eröffnen. Die Martha-Muchow-Stiftung hat diese Ausstellung durch die Finanzierung für die Erstellung eines Ausstellungskonzeptes durch Cynthia Krell und Melanie Pieper und für die Anfertigung einer Büste Martha Muchows durch die Künstlerin Karin Bohrmann-Roth unterstützt.

Auf der Homepage der Bibliothek finden sich neben einer Würdigung des Lebens und Werkes von Martha Muchow achtzehn digitalisierte Originaltexte: http://www.ew.uni-hamburg.de/de/mmb/ueberuns/muchow.html (siehe: Originaltexte). Einer dieser Texte wurde von Gertrud Beck herausgegeben, eingeleitet und transkribiert:

Martha Muchow (1929): Psychologische Probleme der frühen Erziehung. Erfurt: Ver­lag Kurt Stenger 1929. (Siehe Texte von Martha Muchow)

2014 förderte die Martha-Muchow-Stiftung den Dokumentarfilm„Auf den Spuren von Martha Muchow“ von Günter Mey und Günter Wallbrecht. Der Film zeichnet den Forschungsansatz von Martha Muchow nach, die in den 1920/30er Jahren am Hamburger Psychologischen Institut gearbeitet und Kinder im Arbeiterbezirk Barmbek an verschiedenen Orten beobachtet hat. Anhand von Interviews mit Expertinnen und Experten wird ihre Forschungsarbeit gewürdigt, die heute als „Klassiker der Kindheitswissenschaften“ gilt. Der Film stellt Martha Muchows Forschung auch in den historischen Zusammenhang. Die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten führte zur Zerschlagung des Psychologischen Instituts. Gerahmt werden die Gespräche durch Filmaufnahmen in Hamburg-Barmbek und inszenierten Szenen der damaligen Studie. Der Film ist einsehbar auf der Seite des „Instituts für qualitative Forschung“: https://qualitative-forschung.de/film-muchow/

2018 wurden die ersten Preise der „Studienstiftung Kindheitsforschung“ verlieren, Lisa Fischer erhielt den Preis für ihre Diplomarbeit „Einkaufen im Frankfurter Bahnhofsviertel. Eine ethnografische Erforschung kindlicher Raumherstellungsprozesse in alltagpädagogischen Zusammenhängen.“ Die Arbeit wurde 2020 unter dem Titel Raum(re)konstruktionen von Kindern beim Einkaufen im pädagogischen und städtischen Alltag im Verlag Beltz/Juventa publiziert.

Sarah Mühlbacher erhielt einen Sonderpreis für ihre Masterarbeit Autonomie in der Kindererziehung – ein Widerspruch? Der Text ist online verfügbar: https://phbl-opus.phlb.de/frontdoor/index/index/docId/587.

Die Vergabe des ersten „Studienpreises Kindheitsforschung“ wurde gerahmt von einem „Studientag Kindheitsforschung“. Anschließend an die Würdigung der beiden Preisträgerinnen diskutierten die Gutachter*innen und die Laudator*innen Sabine Andresen, Imbke Behnken, Ferdinand Sutterlüthi und Gerold Scholz mit dem Teilnehmer*innen über „Forschungsfragen der Kindheitsforschung.“ 2019 wurde kein „Studienpreis Kindheitsforschung“ vergeben, weil keine der Anträge die Kriterien erfüllte, wonach die Arbeit einschlägig für die Kindheitsforschung sein soll und veröffentlichungsfähig.

Im Mai 2019 organisierte die Martha-Muchow-Stiftung in Kooperation mit dem Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität den zweiten „Studientag Kindheitsforschung“ mit der Frage „Was ist heute unter `Perspektive des Kindes´ verstehbar?“ Maike Baader und Michael Sebastian Honig hielten Impulsreferate für die anschließende Diskussion. Die Vorträge und die Diskussion motivierten zur Herausgabe eines Buches. Es erschien 2022 im Budrich Verlag mit dem Titel Zur Frage nach der Perspektive des Kindes, herausgegeben von Gertrud Beck, Heike Deckert-Peaceman und Gerold Scholz.

Der Plan, im Jahre 2020 das zehnjährige Bestehen der Stiftung zu feiern, musste wegen der Maßnahmen zur Kontrolle der Ausbreitung des sog. Coronavirus um zwei Jahre bis zum Juni 2022 verschoben werden. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Stifterin, Gertrud Beck-Schlegel und einer Begründung für die Verleihung des „Studienpreises Kindheitsforschung“ an Miriam Kost durch Charlotte Röhner blickte Gerold Scholz auf die Entwicklung der Martha-Muchow-Stiftung in den letzten 12 Jahren zurück. Heike Deckert-Peaceman würdigte mit ihrem Vortrag „Die andere Seite des Fräulein Muchow“ das Lebenswerk von Martha Muchow. Gerahmt wurde die Tagung musikalisch durch Daniel Kempin-Edelmann, der mit seinen zur Gitarrenbegleitung vorgetragenen Liedern begeisterte.

 

Den „Studienpreis Kindheitsforschung“ erhielt Miriam Kost für ihre Masterarbeit Kindsein als Effekt generationalen Ordnens. Diskursive [Positionierungs-]Praktiken elfjähriger Kinder einer Berliner Freizeiteinrichtung im Sprechen über Kindheit und Erwachsenheit.

Nach intensiven Gesprächen modifizierte die Stiftung ihre Strategie. In den Jahren seit der Gründung lag der finanzielle Schwerpunkt der Stiftungsarbeit auf der Förderung von Promotionsvorhaben. Auch, weil dies nicht mehr leistbar wurde, besteht die Neuausrichtung darin, als Stiftung selbst aktiv zu werden. Die Finanzierung der „Studientage Kindheitsforschung“, die Herausgabe des Buches Zur Frage nach der Perspektive des Kindes sowie die Transkription der Aufsatzsammlung von Martha Muchow Psychologische Probleme der frühen Erziehung aus dem Jahre 1929 waren erste Schritte. Im Februar 2024 startete eine neue Forumsreihe. Sie begann mit einer Tagung mit dem Titel „Das Bild des unschuldigen Kindes und seine Verwendung“. Es gab zwei Vorträge:

Doris Bühler-Niederberger: Die Macht der Unschuld – Geschichte und Gegenwart ihrer politischen Vereinnahmung
Heike Deckert-Peaceman: Die neue Rechte und das Kind

Das Forum wird im Februar 2025 mit zwei Vorträgen fortgesetzt werden zum Thema „Kindheit als Menschenrecht zwischen normativen Ansprüchen und Instrumentalisierung“:

Michael Klundt: Kinderrechte und Kinderarmut in Krisen-Zeiten
Christian Stewen: Blicke – Wissen – Macht: Konstruktionen kindlicher (Un-)Schuld im Kriminalfilm

Weitere Tagungen im Rahmen dieses Forums werden folgen.